Das Sammlungsobjekt des 1. Quartals 2015 ist eine weißgrundige Lekythos und stammt aus der Archäologischen Studiensammlung der Universität Greifswald, die sich als Dauerleihgabe im Heinrich-Schliemann-Institut für Altertumswissenschaften der Universität Rostock befindet.
Weißgrundige Keramik wurde überwiegend in Form von Lekythoi, die zur Aufbewahrung des zur Salbung benötigten Öls dienten, als Grabbeigabe verwendet. Bilder auf weißgrundigen Grablekythoi zeigen mit dem Tod verbundene Mythen, wie z.B. den Fährmann Charon, die Rolle des Grabes für die Familie und den Umgang der Hinterbliebenen mit dem Verlust. Die Mehrzahl der Darstellungen gibt Mitglieder der Familie, die Vorbereitung oder den Besuch am Grab wieder.
Die 29,3 cm hohe Grablekythos (Inventarnr. Gr365) zeigt eine solche Darstellung. In der Mitte des Bildfeldes befindet sich eine Stele mit zweistufiger Basis, die mit Binden umwickelt ist. Stelen dienten der Grabstellenmarkierung. Sie wurden zu Ehren der Verstorbenen gewaschen, geölt und mit Binden und/oder Bildern geschmückt. Links davon streckt ein Jüngling, der in einen roten Mantel gehüllt ist, seine rechte Hand Abschied nehmend zur Stele aus. Zudem stützt er sich nach vorn gebeugt auf einen Stab. Rechts schreitet eine weibliche Gestalt, die einen Korb mit Zweigen und herunterhängenden Binden hält, die für den Schmuck des Grabes vorgesehen sind. Ihr Blick ist über die Schulter der Stele zugewandt.
Das Bildfeld wird oberhalb durch ein Mäander-Schmuckband begrenzt. Die Schulter des Gefäßes ziert eine Palmettenranke.
Weißgrundige Lekythen waren nur in der klassischen Zeit zwischen 470 und 400 v. Chr. in Gebrauch. Im letzten Drittel des 6. Jahrhunderts v. Chr. hatte sich in Athen neben der schwarz- und rotfigurigen Keramik die neue Technik entwickelt. Weißgrundige Keramik besitzt eine empfindliche Oberfläche. Da der weiße Überzug sich nicht unauflöslich mit dem Untergrund verbindet, ist er nicht sehr haltbar und blättert schnell ab.
Die Greifswalder Lekythos ist deshalb insgesamt stark beschädigt, der weiße Überzug abgerieben und teilweise abgesplittert. Details der Bemalung in Mattfarben sind ebenfalls abgerieben. 2005 wurde die Grablekythos (Inventarnr. Gr365), gemeinsam mit den anderen weißgrundigen Lekythoi (Inventarnr. Gr363) und (Inventarnr. Gr364) der Greifswalder Sammlung an der HTW Berlin im Rahmen einer Diplomarbeit restauriert.
Text: Wiebke Messerschmidt
Literatur:
Hundt, A. / K. Peters, Greifswalder Antiken, Walter de Gruyter & Co, Berlin 1961.
allgemein: J. Oakley, Picturing Death in classical Athens. The evidence of the white lekythoi, Cambridge Univ. Press, Cambridge 2004.