Das Sammlungsobjekt des dritten Quartals 2015 stammt aus einer Sondersammlung der Akademischen Kunstsammlung der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Am 05.11.2013 erhielt die Kustodie durch Ankauf und Schenkung ein wertvolles Konglomerat von 19 Offsetlithographien, bzw. Siebdrucke und einem Ölgemälde des Surrealisten Manfred Kastner (1943 – 1988). Der in Gießhübel (heute Olešnice in Tschechien) geborene Künstler verbrachte seine Kindheit und Jugend in Stralsund. Nach einer Ausbildung zum Dreher schloss er eine weitere als Fachpräparator für Zoologie in Jena und am Meereskundlichen Museum in Stralsund ab.
Anschließend begann Kastner ab 1963 sich intensiv als Autodidakt mit künstlerischen Prozessen und Techniken auseinanderzusetzen. Während der gesamten DDR-Zeit galt er als „sozialismus-feindlicher Künstler“. Sein gesamtes Werk ist einerseits von realistischen Industrielandschaften, technischen Bauwerken, wie Brücken und Leuchttürmen gekennzeichnet, doch andererseits sind die Städte auf den Druckgrafiken und Gemälden surreal durch menschenleere Straßen sowie Mauern, die bröckeln und zerfallen, entrückt. Hier und da tauchen einzelne Personen zwischen kargen Hauswänden ohne Fenstern auf, deren Gesichter von einer stillen und im Augenblick verharrenden Traurigkeit durchzogen sind. Auf beeindruckende Weise widmete sich Kastner der Farboffsetlithographie und ermöglichte mit ihr seinen Bildmotiven mittels satten Farben von Blau-, Rot- und Brauntönen eine magische Ausstrahlung zu verleihen. Die real fassbare Welt wird jedoch auf phantastischer Art traumartig und entfremdet dargestellt. Die Farbmagie kommt insbesondere in den zwei Offsetlithographien aus den Jahren 1979 „Der Planet“ und der „Cosmos“ und im entsprechend Tafelbildartig konzipierten Ölgemälde „Der Planet“ von 1980 zum Ausdruck.
Auf tragische Weise kam Manfred Kastner am 3. Juni 1988 bei einem Autounfall ums Leben. Zu seinem 20. Todestag widmete die Kustodie eine Gedenkausstellung mit sich in Privatbesitz befindlichen Werken. So erfreulicher ist es, dass die Kustodie nach dem Ankauf und Schenkung von einem ehemaligen Freund von Kastner, Herrn Dr. Tassilo Kalinowski im November 2013 die Sondersammlung erhalten hat.
Literatur:
Kunstverein Wiligrad e.V. (Hg.), Kastner, Sylvia, Kunze, Dr. Rudolf und Lichtnau, Prof. Dr. Bernfried: Manfred Kastner Malerei 1965-1988, Grafik 1977-1988, Sichtungen 1943-1988 Schwerin 1997.
Dahlenburg, Dr. Birgit: Künstlerisch bewundert und von der Staatssicherheit verfolgt – der Surrealist Manfred Kastner (1943 – 1988), Greifswald 2008.