Das Sammlungsobjekt des 3. Quartals 2014 stellt den Croÿ-Teppich vor, der seit dem 30. Januar 2014 zu den national wertvollen Kulturgütern der Bundesrepublik Deutschland sowie des Landes Mecklenburg-Vorpommern gehört. Herzog Ernst Bogislaw von Croÿ und Arschot (1620 – 1684) schenkte den Teppich am 3. Juni 1681 der Universität Greifswald im Rahmen einer testamentarischen Verfügung.
Der 31 m² große, gold- und silberdurchwirkte Bildteppich wurde im Auftrag von Herzog Philipp I. von Pommern-Wolgast um 1554 für das Residenzschloss in Wolgast angefertigt. Der niederländische „Tapetenmacher“ Peter Heymans hat das Werk in Stettin ausgeführt und sich mit dem Monogramm PH am rechten unteren Teppichrand verewigt. Die prachtvolle Tapisserie zeigt Mitglieder des sächsischen Kurfürstenhauses sowie des pommerschen Herzoghauses. Seit der Torgauer Hochzeit von Herzog Philipp I. mit Maria von Sachsen im Jahre 1536 waren beide Fürstenhäuser dynastisch verwandt. Zwanzig Angehörige der beiden Fürstenhäuser präsentieren sich auf dem Teppich selbstbewusst in modischen Renaissancekleidern in einem evangelischen Kirchenraum. In der Bildmitte predigt Martin Luther von einer Kanzel und weist auf den gekreuzigten Jesus Christus. Unterhalb des Gekreuzigten steht die mächtige Gestalt Johann Friedrich des Großmütigen, der Anführer der im Schmalkaldischen Bund vereinigten protestantischen Fürsten. Die beiden evangelischen Theologen Philipp Melanchthon und Johannes Bugenhagen stehen unterhalb der Kanzel. Den beiden Herrschaftshäusern zugeordnet sind die großen Wappen und ihr Wahlspruch in der seitlichen Bordüre: VERBWM • DOMINI • MANET • IN • ETERNWM (Des Herren Wort bleibt in Ewigkeit, nach I Pt 1, 25) – für die sächsische Seite und PRO LEGE • ET • GREGE • W • G • W (Für Recht und Volk – Wie Gott will) – für die pommersche Seite.
Das ikonografische Programm für den Entwurf des Wandbehangs entstammt dem Schaffen der Cranach-Werkstatt und unterstreicht das erneute protestantische Glaubensbekenntnis der Pommern 20 Jahre nach Einführung der Reformation 1534 mit dem Landtag zu Treptow an der Rega. Im Nachlassinventar von Herzog Phillipp I. aus dem Jahre 1560 trägt der Teppich den Titel „Die Tauffe Christi mit den Sechsischen und Pommerischen Herrn auch der gelarten Konterfey, zu Stettin gemacht“. Der Croÿ-Teppich stellt heute die wertvollste künstlerische Hinterlassenschaft aus dem pommerschen Herzoghaus und eines der bedeutendsten Kunstwerke der Reformation dar.
Der Wandteppich gelangte nach dem Aussterben der Wolgaster Herzoglinie 1625 zunächst in den Besitz von Anna von Croÿ († 1660), der Schwester des letzten Pommernherzoges Bogislaw XIV. Ihr Sohn, Ernst Bogislaw von Croÿ und Arschot hat der Universität Greifswald die wertvolle Tapisserie mit einem Vermächtnis übergeben: künftig im 10-Jahres-Rhythmus Gedenkfeiern für seine Mutter Anna von Croÿ abzuhalten. Dieses Vermächtnis wird von der Universität Greifswald seit über 300 Jahren erfüllt und die Tradition der Croy-Feiern gepflegt. Am 7. Juli 2010 hatte die Universität Greifswald die 30. Croÿ-Feier festlich begangen.
Seit 2005 befindet sich der um 1554 angefertigte Wandteppich als universitäre Leihgabe im Pommerschen Landesmuseum in Greifswald und ist somit für das interessierte Publikum zugänglich.
Text: Rita Sauer, M.A., Dr. Birgit Dahlenburg
Weitere Literatur:
Birgit Dahlenburg, Der Croy-Teppich der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2000.
Haik Porada, Finstingen an der Saar – Auf pommerschen Spuren in Lothringen (Teil I), in: POMMERN – Zeitschrift für Kultur und Geschichte, 46. Jg., Heft 4/2008, S. 2 bis 8; Haik Porada, Finstingen an der Saar – Auf pommerschen Spuren in Lothringen (Teil II), in: POMMERN – Zeitschrift für Kultur und Geschichte, 47. Jg., Heft 1/2009, S. 2 bis 15
Haik Porada, Zur Bedeutung von Konfession und Dynastie im Leben des letzten Bischofs von Cammin, Ernst Bogislaw von Croy, in: Christi Ehr vnd gemeinen Nutzen willig zu fodern vnd zu schützen. Beiträge zur Kirchen-, Kunst- und Landesgeschichte Pommerns und des Ostseeraums. Festschrift für Norbert Buske, herausgegeben von Michael Lissok und Haik Thomas Porada (= Beiträge zur pommerschen Landes-, Kirchen- und Kunstgeschichte, Band 18), Schwerin 2014, S. 511-572
Heimo Reinitzer, Tapetum Concordiae, Verlag De Gruyter, Berlin, Boston 2012.
Horst-Dieter Schroeder, Der Croy-Teppich, Greifswald 2000, S. 46